Gewebespende an der Schnittstelle zur Organspende:
Die Zusammenarbeit mit Transplantationsbeauftragten
Dr. Stephan Schweiger arbeitet als Intensivmediziner und Transplantationsbeauftragter (TXB) am Universitätsklinikum Regensburg. Im Interview spricht er mit uns über die Zusammenarbeit mit der DGFG und die Schnittstellen von der Organ- und Gewebespende.
An welchen Punkten überschneiden sich Organ- und Gewebespende im Klinikalltag?
Das wird durch eine enge Zusammenarbeit gewährleistet. Schon kurz nachdem Frau Riederer hier bei uns in Regensburg angefangen hatte, tauschten wir uns gegenseitig über die jeweiligen Prozesse aus. Frau Riederer stellte sich in unserem Organspende-Qualitätszirkel vor, der hier am UKR alle drei Monate zusammenkommt. Ich wiederum nahm erstmalig an der Gewebekommissionssitzung teil. Dabei habe ich viel zur Gewebespende und -transplantation dazugelernt, was mir bei den Aufklärungsgesprächen mit Angehörigen weiterhilft. Eine Zustimmung zur Organ- und Gewebespende sollte schließlich möglichst immer zusammen eingeholt werden. Eine besonders wichtige Information für mich war, dass Gewebe auch noch im Nachgang einer Organspende entnommen wird.
Was ist die Aufgabe eines Transplantationsbeauftragten?
Transplantationsbeauftragter bin ich nur zu einem geringen Prozentsatz – hauptsächlich arbeite ich als Intensivmediziner. Am Universitätsklinikum Regensburg haben wir insgesamt vier Transplantationsbeauftragte, die auf unterschiedlichen Intensivstationen arbeiten und sich den TXB-Rufdienst teilen. Dadurch haben wir ein effizientes Konzept, da wir auf den Stationen präsent sind und so einen guten Überblick über potentielle Spender:innen haben. Außerdem können wir im Vorfeld bereits einen vertrauensvollen Kontakt zu den Angehörigen aufbauen. Kommt es nun zum Hirntod und zu einem Aufklärungsgespräch, treten wir nicht als Fremde in das Geschehen ein. Je nach Zuständigkeit ist einer von uns dann verantwortlich für die Aufklärungsgespräche. Außerdem unterstützen wir das Intensivteam vor Ort, wenn es zu einer Hirntoddiagnostik mit nachfolgender Organspende kommt, da hierzu oft viele Untersuchungen nötig sind, um einen größtmöglichen Empfängerschutz zu gewährleisten.
Was erhoffen Sie sich von dem Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende?
Ich denke, dass dieses Gesetz wichtige Rahmenbedingungen liefert und damit grundsätzlich gut und notwendig ist. Vor allem kleine Kliniken könnten dadurch leichter potenzielle Organspender*innen identifizieren. Viel wichtiger als dieses Gesetz ist allerdings, dass sich der Umgang mit dem Thema Organ- und Gewebespende in Deutschland generell ändert. Schon aus der Solidarität heraus sollte es selbstverständlich sein, Organe und Gewebe zu spenden. Allein die Tatsache, dass man sich mit dem Thema nicht beschäftigt will, ist aus meiner Sicht kein guter Grund, sich nicht zu entscheiden, wie es die Widerspruchslösung einfordern würde. Ein Register könnte, wenn es gut etabliert und gepflegt ist, in manchen Situationen Klarheit über den Willen der Verstorbenen schaffen. Ich habe beispielsweise schon erlebt, dass Angehörige von einem Organ- und Gewebespendeausweis wussten, ihn aber nicht fanden. Aus Unsicherheit hatten sie sich dann letztlich gegen eine Spende entschieden. Deutschlandweit entscheiden Angehörige auch relativ häufig nach ihren eigenen Wertvorstellungen und dabei dann meist gegen eine Spende. Mit einer Widerspruchslösung würden womöglich mehr Menschen spenden und den Angehörigen in vielen Fällen die Entscheidungslast genommen werden.
Was hat Sie dazu bewegt, Intensivmediziner und Transplantationsbeauftragter zu werden?
Eigentlich wollte ich Geschichte oder Philosophie studieren. Während meines Zivildienstes arbeitete ich dann im Rettungsdienst. So wurde rasch mein Interesse an der Medizin geweckt. Nach dem Studium fing ich hier am Universitätsklinikum Regensburg als Anästhesist an. Um mehr therapeutisch arbeiten zu können und einen engeren Kontakt zu den Patienten zu bekommen, wechselte ich schließlich in die Intensivmedizin. In meiner Tätigkeit musste ich immer wieder die tragische Situation miterleben, dass Angehörige bei der Überbringung der Todesnachricht gleichzeitig mit der Frage nach der Organspende konfrontiert werden mussten. Das hat mich dann 2018 dazu bewegt, die Rolle des Transplantationsbeauftragten wahrzunehmen.