Einfluss institutioneller Faktoren auf die Bereitschaft zur Gewebespende
Das Projekt beschäftigte sich mit einem Ansatz aus der empirischen Sozialforschung.
Ziel des Vorhabens war die Analyse, welche Aspekte die Bereitschaft zur Gewebespende beeinflussen können und inwieweit institutionelle Faktoren diese Bereitschaft beeinflussen.
Als Einflussfaktoren wurden gesetzliche Rahmenbedingungen der Gewebespende betrachtet (Zustimmungslösung und Widerspruchslösung), die Organisationsform von gewebeverarbeitenden Einrichtungen (gemeinnützig versus gewinnorientiert) und die Vermittlung des Gewebes innerhalb von Deutschland oder ins Ausland.
Der Untersuchung liegt ein institutionstheoretischer Ansatz zugrunde: Dieser besagt, dass institutionelle Rahmenbedingungen – in diesem Fall regulative, normative und kulturell-kognitive Elemente der Gewebespende – das Verhalten von Menschen beeinflussen können. Die Gesellschaft gibt ebendiesen Rahmen vor, an dem sich Organisationen und Akteure orientieren müssen, um in den Augen der Allgemeinheit als rechtmäßig und anerkennungswürdig zu gelten. Umgekehrt orientiert die Bevölkerung ihr Handeln an den Institutionen, solange sie auf den gesellschaftlich vorgegebenen Rahmenbedingungen beruhen und dadurch legitimiert sind.
Für das Projekt wurde ein dreiteiliger Ansatz gewählt: Zunächst wurde ein Literaturreview durchgeführt und im Anschluss die Meinung von Expert:innen aus der Gewebemedizin zu einem möglichen Einfluss institutioneller Faktoren auf die Spendebereitschaft analysiert. Im dritten Teil wurde durch eine Umfrage die Perspektive von Angehörigen untersucht, die zuvor einer Gewebespende zugestimmt hatten.
Die Auswertung der Befragung ermöglichte es, institutionelle und weitere Faktoren zu identifizieren, die für Angehörige entscheidungsrelevant für oder gegen eine Gewebespende sind. Damit konnten mögliche Aspekte abgeleitet werden, um das Aufklärungsgespräch mit Angehörigen entsprechend ergänzen zu können.
Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass institutionelle Faktoren die Bereitschaft zur Gewebespende in unterschiedlichem Maße beeinflussen, bislang aber wenig in der Forschung, Politik oder öffentlichen Kommunikation beachtet wurden. Entscheidungsrelevante institutionelle Einflussfaktoren sollten daher weiter untersucht werden, um mögliche Handlungsfelder zum Beispiel für Entscheidungsträger in der Gesundheitspolitik und Organisationen in der Gewebespende aufzuzeigen.
Die Arbeit wurde auf internationalen Kongressen präsentiert: den Jahrestagungen der International Society for Organ Donation an Procurement (ISODP 2023), Las Vegas und der European Association of Tissue and Cell Banks (EATCB 2023), Zagreb.
Die Dissertationsarbeit von Frau Dr. rer. pol Katja Kirchner wurde an der Universität Bayreuth, am Lehrstuhl für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften durchgeführt. Die offene Fragestellung wurde als Auftragsarbeit der DGFG an die GWS – Gesundheit, Wissenschaft, Strategie GmbH gestellt. Die DGFG hatte keinen Einfluss auf die Auswertung der Ergebnisse.
Das dreijährige Projekt wurde im Dezember 2023 mit der erfolgreichen Verteidigung durch Frau Dr. Kirchner abgeschlossen. Die Dissertationsarbeit finden Sie hier: https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/6969/
DGFG Ansprechpartnerin:
Dr. rer. nat. Anna Salz | Telefon: +49 (0) 511 559 357