Gewebespende in Sulzbach

„Für meine Arbeit ist es viel wert, wenn die Gewebespende von der Klinik gelebt wird.“

Jennifer Rech arbeitet seit Mai 2021 als Koordinatorin bei der DGFG am Standort in Sulzbach. Wir haben sie gefragt, wie es ihr heute in ihrem neuen Job geht und welche Besonderheiten ihre Tätigkeit in der Gewebespende mit sich bringt.

Jennifer Rech arbeitet seit Mai als Koordinatorin bei der DGFG. Schon während der Einarbeitung in Stuttgart führte Jennifer unter Anleitung von Gewebespendekoordinatorin Nea Dierolf ihre erste Augenhornhautspende durch. „Das Mentoring-Programm bei der DGFG sieht vor, dass wir hier am Anfang von den bereits erfahrenen Koordinatoren, wie ich in diesem Fall von Nea Dierolf, eng betreut und begleitet werden. Als gelernte Intensivpflegerin kannte ich auch den Umgang mit Verstorbenen. Dazu zählte auch das Herrichten der Verstorbenen für die Angehörigen, die sich persönlich verabschieden wollen. Doch der Tod war nicht mein Alltag, das ist nun neu.“ Schon nach wenigen Wochen der Einarbeitung in Stuttgart ging es für Jennifer an ihren neuen Standort am Knappschaftsklinikum in Sulzbach. Von dort betreut sie die zwei Knappschaftskliniken in Sulzbach und Püttlingen sowie das Klinikum Saarbrücken in der Realisierung von Gewebespenden. Am Standort in Sulzbach ist Jennifer als Koordinatorin eine Einzelkämpferin. Gerade am Anfang kostete sie die eine oder andere Hürde schon auch etwas Überwindung. „Mir gelingt es mit der Zeit immer besser, Routinen in den Abläufen zu entwickeln. Doch am Anfang war es eine große Überwindung, alleine in die Pathologie zu gehen und die Verstorbenen für die Entnahme vorzubereiten. Den Freiraum, der mir hier im Knappschaftsklinikum gewährt wird, schätze ich sehr. Hier ist die DGFG bekannt und hat durch die Augenklinik und die Knappschafts-Gewebebank ein sehr hohes Standing. Für meine Arbeit ist es viel Wert, wenn die Gewebespende von der Klinik gelebt wird.“

Insgesamt ist die Gewebespende jedoch etwas völlig Neues im Vergleich zur Intensivpflege. „Da die Patienten, die ich betreute, aufgrund ihres Krankheitsbildes häufig nicht mehr sprechen konnten, bin ich es gewohnt gewesen, immer ihr Gesicht im Auge zu behalten, um die nonverbale Kommunikation deuten zu können. In der Gewebespende bin ich auf andere Dinge fokussiert: Hier prüfe ich, ob es besondere Auffälligkeiten der Augenhornhaut gibt oder Hinweise, auf Krankheiten, die wir im medizinischen Spenderscreening berücksichtigen müssen. Dann kommt es auch vor, dass aus der vorherigen Behandlung im Krankenhaus keine Blutprobe mehr vorhanden ist. Ist das der Fall, nehme ich postmortal bei den Verstorbenen Blut ab. Die Blutprobe schicke ich dann für virologische Untersuchungen zu einem Labor. Insgesamt erfordert die Koordination von Gewebespenden ein sehr gutes Zeitmanagement und Organisationstalent. Denn eine Augenhornhautspende ist bis zu 72 Stunden nach Todeseintritt möglich.“

Ein wesentlicher Aspekt in der Tätigkeit einer Gewebespendekoordinatorin ist auch das Gespräch mit den Angehörigen. „Spricht aus medizinsicher Sicht alles für eine potentielle Spende, rufe ich die Angehörigen an und kläre sie über die Möglichkeit der Gewebespende auf. Hier erkläre ich auch genau, was gespendet werden kann und wie eine Gewebespende abläuft. Liegt keine Zustimmung zur Gewebespende zum Beispiel durch einen ausgefüllten Organ- und Gewebespendeausweis vor, frage ich die Angehörigen, wie der Verstorbene zur Gewebespende gestanden hatte. In dem Gespräch erarbeiten wir dann gemeinsam den Willen, sollte dieser den Angehörigen nicht bekannt sein. Hiervor hatte ich den größten Respekt. Denn ich möchte die Angehörigen in dieser Zeit des Trauerns einerseits nicht stören. Andererseits haben wir als DGFG auch einen Versorgungsauftrag, dem wir nachkommen müssen und wollen. Doch bislang bin ich stets auf Wohlwollen bei den Angehörigen und sehr viel Verständnis für meine Tätigkeit gestoßen. Das freut und motiviert mich sehr.“ Auch für Angehörigengespräche werden neue und auch bereits erfahrene Koordinatoren immer wieder geschult. „Ich hatte meine erste Gesprächsschulung durch Corona via Teams. Das war ein super Einstieg und hat mir sehr viel beigebracht. Auch das e-Learning mit Kursen zu unterschiedlichen Schwerpunkten ist eine tolle Ergänzung meiner Einarbeitung. Besonders gefreut habe ich mich dann aber auch über die Präsenzschulung, die Anfang Juli in Hannover stattfand. Das war sehr schön, dass sich alle neuen Koordinatorinnen und Koordinatoren persönlich kennenlernen konnten. Es ist nicht gerade einfach, in Zeiten einer Pandemie in einen völlig neuen Job zu starten. Was mich neben dem vielen neuen Fachwissen jedoch zusätzlich herausfordert, ist die ganze IT. Bislang musste ich in der Intensivpflege nicht mit Computern oder Computerprogrammen arbeiten. Die DGFG ist jedoch digital in allen Prozessen sehr gut aufgestellt, was eine hohe Flexibilität und Ortsunabhängigkeit in meinem neuen Job ermöglicht. Doch mittlerweile komme ich mit den verschiedenen Systemen, sei es den Kommunikationstools wie Outlook oder Teams, dem Business-Netzwerk Yammer oder auch unserer digitalen Spenderdatenbank sehr gut zurecht – und lerne auch die Vorteile dieser digitalen Strukturen und Prozesse zu schätzen.“

Jennifer wohnt in Zweibrücken, nicht weit entfernt von Sulzbach und für sie stand schon immer fest: Hier möchte ich bleiben, ein anderer Standort kommt für mich nicht in Frage. Doch zugleich wollte sich Jennifer beruflich verändern. Bereits vor drei Jahren traf sie Xenia Hengesch, eine ehemalige Koordinatorin der DGFG, die viele Jahre zuvor in Sulzbach gearbeitet hatte. Schon damals war Jennifer von der Koordinatorinnen-Tätigkeit begeistert und so schrieb sie Xenia einfach an. Als ob es der Zufall so wollte, war zu dieser Zeit die Stelle in Sulzbach ausgeschrieben. Jennifer konnte ihr Glück kaum fassen und bewarb sich kurzerhand bei der DGFG – mit Erfolg. „Schon kurz nach meinem Bewerbungsgespräch habe ich das Angebot bekommen, bei Sophia Riederer in Stuttgart zu hospitieren. Das war eine sehr hilfreiche, beeindruckende Erfahrung, die mich um so mehr darin bestärkt hat, diesen Job in der Gewebespende auch antreten zu wollen.“ Und was die schönste Erfahrung bislang war? „Das eine Mal hatte ein Angehöriger im Gespräch zunächst recht wenig erzählt und war recht wortkarg. Doch als ich dann den Informationsbrief im Nachgang der Gewebespende angeboten habe, taute er förmlich auf und meinte: ‚Das würden Sie machen? Das würde mir so helfen!‘ Und dann war ich neulich bei einem Bestattungsinstitut. Es war sehr spannend, mal in einem klinikfernen Szenario eine Hornhautspende durchzuführen. Auch das hat sehrt gut funktioniert. Der Bestatter war sehr interessiert und möchte künftig auch Angehörige über die Gewebespende aufklären.“

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