Neues Transportsystem für Hornhautlamellen ermöglicht berührungsfreie Implantation humanen Spendergewebes
Der Chefarzt der Augenklinik Sulzbach Prof. Dr. med. Peter Szurman spricht im Interview über die gemeinsame Entwicklung einer neuen Gewebezubereitung, der LaMEK preloaded und ihre Vorteile für DMEK-OPs.
Vor genau einem Jahr haben wir bereits mit Professor Szurman zur DMEK-Methode und den Vorteilen vorpräparierter Hornhautlamellen (LaMEK) in DGFG erLeben gesprochen. Nun erhielt die DGFG die Genehmigung vom Paul-Ehrlich-Institut, die vorpräparierte Hornhautlamelle bereits beladen in der Injektionskartusche (DMEK RAPID System, Geuder AG) für DMEK-Operationen deutschlandweit als LaMEK preloaded abzugeben. In diesem Interview wird die LaMEK preloaded und die damit verbundenen Vorteile für Operateurinnen und Operateure vorgestellt.
Wann und wie kam Ihnen diese Idee, eine vorpräparierte Hornhautlamelle berührungslos Patienten zu implantieren?
Ich glaube fest daran, dass Innovationen nicht plötzlich am Schreibtisch entstehen. Es ist vielmehr die stete, beharrliche Verbesserung und Überprüfung, was die eigentliche Innovation in der Medizin ausmacht. Ich war damals, 2006, als es die ersten Berichte zur DMEK-Methode gab und man mit nur einer einzigen Hornhautlamelle sehr gute Ergebnisse bei Patienten erzielen konnte, genauso begeistert wie viele andere Hornhauttransplanteure. Kein Mensch wusste so richtig, wie man diese 20 Mikrometer dünne Lamelle richtig anfassen sollte, ohne, dass sie Schaden nimmt, und wie man sie erfolgreich in das Patientenauge implantieren konnte.
Hier hat der Ophthalmologe Gerrit Melles mit der Einführung der DMEK-Methode sehr viel dazu beigetragen, einen ersten Weg zu skizzieren, wie so etwas gehen könnte. Es war aber allen klar, dass das damals noch eine sehr traumatische Methode war, weil man noch gar keine passenden Instrumente für diese OP-Methode hatte.
Wie ging es dann weiter, welche Entwicklungsschritte gab es?
Mit meinem Forschungsteam versuchten wir Instrumente sowie die Technik der Präparation und Implantation des hauchdünnen Spendergewebes weiterzuentwickeln. Ein Ergebnis ist hier die Liquid-Bubble-Technik zur Präparation einer Hornhautlamelle. Die Kartusche vereint erstmals in der Geschichte der Medizin biologisches Gewebe, also ein Transplantat mit einem Medizinprodukt, nämlich einer Implantationskartusche. Vorgeladene Herzklappen zum Beispiel gibt es bislang nicht. Das DMEK RAPID System, die Transportkartusche der Hornhautlamelle, ist zudem weltweit das erste Transplantationssystem seiner Art, das wir zusammen mit der Geuder AG entwickelt haben. Die Sulzbacher DMEK-Kartusche ist immer noch das am häufigsten eingesetzte Transplantationssystem: Weltweit wurden schon über 20.000 Patienten mit diesem Instrument transplantiert. Diese Zusammensetzung von System und Lamelle war nun ein wichtiger Meilenstein. Hier war weniger die technische Umsetzung als vielmehr die regulatorische Zulassung die große Herausforderung. Denn hierfür gelten sowohl das Arzneimittel- als auch das Medizinproduktegesetz. Eine Zulassung unter diesen völlig unterschiedlichen Gesetzgebungen zu erlangen, war in der Tat ein Kraftakt, den wir gemeinsam mit der DGFG nun zu einem guten Ende bringen konnten.
Welche Vorteile bietet die LaMEK preloaded?
Die Schwierigkeiten liegen nach wie vor in der Präparation der Hornhautlamelle. Wir haben daher die Präparation vom Operateur ausgelagert hin zu geschultem Personal, das unter besonders hygienischen, qualitätszertifizierten Kriterien diese Lamellen herstellt. Der Vorteil: Der Operateur erhält ein tatsächlich qualitätskontrolliertes Präparat. Es ist keine weitere, zu Zellverlust führende Manipulation am Spendergewebe vor der Implantation mehr nötig. Die gesamte Präparation wird unter standardisierten Bedingungen in unserer Reinraum-Gewebebank Sulzbach durchgeführt. Erst, wenn überprüft wurde, dass die Zellen auch nach der Präparation immer noch in einem guten Zustand sind, wird die Lamelle von der DGFG zur Transplantation abgegeben. Der Operateur muss die Spenderlamelle im OP dann nur noch aus der Verpackung nehmen, in die Kartusche laden und dem Patienten implantieren. Dieser immense Qualitätsvorteil ist der Kerngedanke bei der sogenannten LaMEK, dem bereits in der Gewebebank vorpräparierten und fertig zugeschnittenen Gewebe (pre-cut), das die DGFG mit Genehmigung des Paul-Ehrlich-Instituts seit 2015 für DMEK-OPs erfolgreich vermittelt. Die LaMEK preloaded ist nur der nächste Entwicklungsschritt: Hier wird die Hornhautlamelle dem Operateur in einem geschlossenen System, dem sogenannten DMEK RAPID System übergeben.