Rückblick

Fortbildungsveranstaltung zu Amnion in der Wundversorgung

Am 19. März 2025 richtete die DGFG in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eine Fortbildungsveranstaltung zur Wundversorgung mit der Amnionmembran aus – der dünnen Eihaut der mütterlichen Plazenta. Expertinnen und Experten aus der Forschung, Medizin, Wundversorgung und Gewebeprozessierung kamen zusammen, um die neuesten Entwicklungen, Erkenntnisse und Anwendungen dieser Wundheilungstechnik zu beleuchten. Die Veranstaltung bot nicht nur tiefgehende theoretische Einblicke und interessante Fallbeispiele, sondern auch einen praxisorientierten Hands-on-Workshop, in dem die Teilnehmenden ein erstes Gefühl für den Umgang mit der wundheilungsfördernden Amnionmembran erlangten.

Nach einem Grußwort von Martin Börgel, dem Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG), gaben die beiden Veranstalterinnen Dr. Judith Friedrich (Anwenderkommunikation Amnion, DGFG) und Dr. Nicola Hofmann (Forschung & Entwicklung, DGFG) eine Einführung in die Thematik. Daraufhin gaben unsere geladenen Referent:innen Einblicke in die Wirkungsweisen und Anwendungsgebiete der Amnionmembran.

Was macht Amnion mit der Wunde?

Den Einstieg machte Dr. Francisco Nicolás mit einem Vortrag über seine Forschung und Erfahrung mit dem Einsatz der hAM bei chronischen Wunden. Nachdem er zunächst die grundlegenden Anforderungen an einen Wundheilungsprozess skizzierte, konnte er im Anschluss verdeutlichen, an welchen Stellen dieses Prozesses die Amnionmembran wundheilungsfördernd wirkt. Insbesondere bei der Behandlung posttraumatischer Wunden und des diabetischen Fußsyndroms konnte er im Rahmen seiner Forschung an der IMIB-Arrixaca in Murcia messbare Effekte der hAM auf den Zellwachstum und die Heilung an der Wundoberfläche nachweisen. Der anschließende Vortrag von Dr. Diletta Trojan, der Direktorin der Gewebebank FBTV in Treviso/Italien, konnte diese Erkenntnisse anhand beeindruckender Anwendungsbeispiele bestärken. Anknüpfend an die Vorstellung des Prozessierungsprozesses der hAM in ihrer Gewebebank präsentierte sie verschiedenste Ergebnisse: Bei der Behandlung von Wunden wie dem diabetischen Fußsyndrom oder bei Verbrennungen zweiten Grades führt der Einsatz der Amnionmembran zum Teil bereits nach zwei Wochen zu einer vollständigen Wundheilung. Darüber hinaus werden Schmerzen sofort gelindert, die Elastizität der Haut wiederhergestellt und Narben und Verfärbungen der Hautoberfläche verhindert. Dr. Trojan berichtete zudem über die Anwendung der Amnionmembran im chirurgischen Bereich: von der Ummantelung der Sehnen in der Hand über die Pankreasanastomose bis hin zur Mund/Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Amnionfortbildung Dr-Hennerbichler-Lugscheider

Anwendungsgebiete der Amnionmembran

Die Blutzentrale des Österreichischen Roten Kreuzes in Linz beschäftigt sich neben der Amnion-Spende ebenfalls mit der -Prozessierung. Als Herstellungsleitung, sachkundige und verantwortliche Person berichtete Dr. Simone Hennerbichler-Lugscheider in ihrem Vortrag über die Vorgehensweise bei der Prozessierung der humanen Amnionmembran sowie deren Einsatz in der Ophtalmologie und Wundheilung. Die vorgestellten Anwendungsbeispiele und Studien verdeutlichten ferner, dass der Einsatz der Amnionmembran im Vergleich zu anderen Wundheilungsmethoden sowohl eine einfachere Anwendung als auch das Erreichen von ästhetisch ansprechenderen Ergebnissen bedeutet. Neben Berichten über eine Mundhof-Erweiterung und eine Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion mit Amnion kam Dr. Hennerbichler-Lugenscheider ebenfalls auf die antiadhäsiven Eigenschaften von hAM im OP, beispielsweise bei Sehnenscheidenentzündungen, zu sprechen. Eben jene Eigenschaften sind unter anderem Gegenstand der Forschung, die Dr. Susanne Wolbank am Ludwig Boltzmann Institut für Traumatologie in Wien durchführt und den Teilnehmenden in ihrem Vortrag näherbrachte. Die Erkenntnisse belegen eine regenerative Wirkung, die die hAM beispielsweise bei der Ummantelung eines Nervs sowohl innerhalb als auch drumherum haben kann. Darüber hinaus konnte die Zellbiologin in ihrer Stammzellenforschung in der Amnionmembran ähnliche Oberflächenmarker wie in embryonalen Stammzellen nachweisen, was bedeutet, dass diese auf vergleichbare Weise die Immunmodulation beeinflussen können. Durch ihre erhöhte Zellkommunikation können sie entzündungsfördernde Immunantworten dämpfen und somit entzündungshemmend wirken.

Amnion bei Lymphödemen

Nach einer kurzen Pause und dem Vorstellen einiger aussagekräftiger Fallbeispiele durch Dr. Judith Friedrich, referierte Prof. inv. Dr. Catarina Hadamitzky, Ärztin für plastische und Wiederherstellungschirurgie, über den Einsatz von Amnionmembran in der Behandlung von Lymphödemen. Häufig leiden Patient:innen von Lymphödemen unter tiefen Wunden, welche sich mit der Amnionmembran verschließen lassen. In einem konkreten Anwendungsbeispiel konnte Prof. Dr. Hadamitzky gleich zwei Effekte der hAM veranschaulichen: einerseits konnte die nach einer Lymphlappentransplantation entstandene Fistel einer ihrer Patientinnen erstmalig vollständig verschlossen werden und andererseits führte die Behandlung mit Amnion bei jener Patientin zu einer deutlichen Reduktion der Beinumfänge, was auf eine Regeneration des Lymphsystems hindeutet.

Abrechnung und Praxis im Wundmanagement

Anschließend an die Erfahrungsberichte widmete sich der Facharzt für Innere Medizin, Dr. Gerd W. Zimmermann, in einem Vortrag der Abrechnung von Amnion im Praxisalltag. Darin erklärte er, wie sich die Abrechnungsbedingungen zusammensetzen und worauf – unter anderem in Anbetracht der ab Oktober 2025 greifenden Versorgungspauschale – zu achten ist. Den theoretischen Teil der Fortbildung schloss Falk Goedecke ab, Leiter der spezialisierten pflegerischen Wundbehandlung und Wissenschaft bei der WZ-WundZentren GmbH. Mit Blick auf die Einflussfaktoren auf die Wundheilung und den komplexen Behandlungsplan gab er eine ausführliche Einordnung dessen, welche Vorteile die Amnionmembran als Lokaltherapie insbesondere in der Wundheilung, dem Exsudatmanagement, der Effizienz und der Lebensqualität mit sich bringt. Allerdings wies er darauf hin, dass es im Einsatzgebiet, beispielsweise bei Wunden mit hohem Risikoprofil, und in der Vorbereitung einige Einschränkungen geben könnte.

Hands on

Nachdem den Teilnehmenden eine ausführliche theoretische Annäherung an das Thema Amnion in der Wundversorgung dargelegt wurde, konnten sie in dem von Dr. Nicola Hofmann, Dr. Judith Friedrich und Silke Sachsenröder (Gewebevermittlung, DGFG) angebotenen Hands-on-Workshop erste Praxiserfahrung mit dem Auflegen eines Amnionpräparats sammeln. Zudem blieb die Zeit, Rückfragen zu stellen und sich über die gewonnenen Einblicke auszutauschen. Wir danken allen Referent:innen und Teilnehmenden für diese gelungene Fortbildungsveranstaltung!

Die humane Amnionmembran (hAM) ist die innere, dem Fötus zugewandte Eihaut der mütterlichen Plazenta. Gewonnen wird sie über die Spende der Plazenta (Lebendgewebespende) bei geplanter Kaiserschnittgeburt. Voraussetzungen für eine Plazentaspende sind der Ausschluss medizinischer Kontraindikationen und die Einwilligung der Mutter. Humane Amnionmembran kann bei schweren Wundheilungsstörungen aller Art und als temporärer Hautersatz bei Verbrennungen eingesetzt werden. Eine breite wissenschaftlich fundierte Daten- und Informationsbasis belegt seit Jahrzehnten die enorme Wundheilungskraft der Amnionmembran. Aber erst kontinuierlich verbesserte Herstellungsverfahren haben zu sicheren Gewebepräparaten geführt und ermöglichen gemeinsam mit dem Ausbau der Plazentaspende die zunehmende Anwendung dieses außergewöhnlichen Materials in erweiterten Therapiefeldern der Therapie chronischer Wunden. Im Rahmen unserer Fortbildungsveranstaltung gaben unsere geladenen Referent:innen Einblicke in die Wirkungsweisen und Anwendungsgebiete der Amnionmembran.