Wund(er)heilung mit Amnion – DGFG erhält deutschen Wundpreis 2021
Hannover, 09. Juli 2021 – Amnionspende als Wund(er)mittel: Bei seit Jahren an chronischen Wunden leidenden Patientinnen und Patienten führte die Auflage der hauchdünnen Membran meist zu einer vollständigen Heilung. Dieser Behandlungserfolg, die Folge einer Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) und dem Rhein-Maas Klinikum, wurde nun im Rahmen des Deutschen Wundkongresses 2021 mit dem deutschen Wundpreis ausgezeichnet. Die Amnionmembran kommt aus der Lebendspende und wird bei einer geplanten Kaiserschnittgeburt aus der mütterlichen Plazenta gewonnen. Ihr werden besonders wundheilungsfördernde und antientzündliche Eigenschaften zugeschrieben.
Gewürdigt wurden in der Kategorie „Kasuistik“ Professor Dr. Hans-Oliver Rennekampff (Chefarzt der Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie, Rhein-Maas Klinikum), Dr. Nicola Hofmann (Wissenschaftliche Leitung, DGFG) und Martin Börgel (Geschäftsführer, DGFG). Bei dem in diesem Jahr ausschließlich online stattfindenden Deutschen Wundkongress präsentierte Prof. Rennekampff drei Fälle, bei denen bereits nach erstmaliger Amnionanwendung ein deutlicher Fortschritt erzielt werden konnte: „Bei einer absoluten Stagnation der Wundheilung und fehlender Therapieoptionen ist das Amnion wie eine Art Booster, welches die Wunde zur besseren Selbstheilung anregen soll. Dort sehe ich den Wert des Amnions“, so Rennekampff.
Amniontransplantate für viele Bereiche in der Medizin anwendbar
„Während die Wirksamkeit der Amnionmembran international anerkannt ist, werden ihre Vorteile in der Patientenanwendung bisher noch wenig genutzt.“
„Bei einer absoluten Stagnation der Wundheilung und fehlender Therapieoptionen ist das Amnion wie eine Art Booster, welches die Wunde zur besseren Selbstheilung anregen soll. Dort sehe ich den Wert des Amnions.“
Um diese Therapieoption Patientinnen und Patienten vermehrt zugänglich zu machen, stellt die DGFG (humane) Amnionmembran für die klinische Anwendung bei chronischen Wunden zur Verfügung – unter der Genehmigung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI).
„Während die Wirksamkeit der Amnionmembran international anerkannt ist, werden ihre Vorteile in der Patientenanwendung bisher noch wenig genutzt“, meint Dr. Nicola Hofmann. Dabei bestätigen die von Prof. Rennekampff demonstrierten Praxiserfolge die besonderen Qualitäten der Amnion: Die von der kindlichen Seite der Plazenta stammende Membran verfügt über wundheilungsfördernde und antientzündliche Eigenschaften, verhindert Narbenbildung und wird vom Immunsystem kaum abgestoßen. „Es zeigt sich einmal mehr, dass die Natur hier eine perfekte Lösung gefunden hat. Denn die Amnionmembran befindet sich zwischen zwei an sich fremden Immunsystemen, das von Mutter und Kind und führt daher zu keiner Abstoßungsreaktion oder Unverträglichkeit bei Patientinnen und Patienten“, so Dr. Hofmann.
Neben Wundheilungsstörungen, z. B. beim diabetischen Fußsyndrom, kommt Amnion auch in ophthalmologischen Anwendungsgebieten in Form des AmnioClip-plus sowie im orbitalen, mund- und kiefer-chirurgischen Tätigkeitsbereich, in der gynäkologischen Chirurgie (Uterus und Vagina) und als temporärer Hautersatz bei thermischen Verletzungen zum Einsatz.
Aus einer Plazentaspende können u. U. mehrere hundert Amniontransplantate gewonnen werden. Anders als Organe werden Gewebe nicht unmittelbar transplantiert, sondern zunächst von geschultem Personal in spezialisierten Gewebebanken zu Transplantaten weiterverarbeitet. Im vergangenen Jahr konnte die DGFG mehr als 2.000 solcher Amnionpräparate vermitteln. „Wir erfahren immer mehr Zuspruch in der Amnionspende und -vermittlung, was nicht zuletzt dem wachsenden Netzwerk an kooperierenden Häusern geschuldet ist. Erfahrene Kollegen wie Prof. Rennekampff sind dabei wertvolle Botschafter, die die unkomplizierte Anwendung und immense Wirksamkeit von Amnion sichtbar machen“, sagt Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG.
Patient berichtet: Zuversicht dank Amnionspende
Wie belastend das Leben mit einer nicht-heilenden Wunde sein kann, zeigt die Geschichte von Harald. H.: Bei einem Arbeitsunfall zog sich der 54-Jährige einen Achillessehnenriss zu – die entstandene Operationsnaht entzündete sich. Alltägliches wie Auto fahren, zum Sport gehen oder selbst duschen waren ihm nicht mehr möglich oder nur mit Hilfe seiner Frau.
Nach jahrelanger, aussichtsloser Behandlung begab er sich in die Hände von Prof. Rennekampff, welcher bei der Wundstrategie umdachte und Amnion auflegte. Mit Sofort-Effekt, denn die Wunde begann sich zu schließen. „Ich wäre definitiv wieder zu einer Amnionbehandlung bereit“, blickt Herr H. im Interview mit der DGFG zurück, „es ist unkompliziert und hat uns durch seltenere Verbandswechsel sehr entlastet“.