DGFG veröffentlicht Jahresbericht 2020: Mehr Menschen spenden Gewebe – auch unter Corona

Hannover, 17. Juni 2021 – Mehr Menschen erhalten dringend benötigtes Transplantat aus der Gewebespende: Für das Jahr 2020 verzeichnet die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) mit 2.816 Gewebespenden (2019: 2.764) und 6.364 vermittelten Gewebetransplantaten (2019: 5.585) erneut einen Anstieg. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eine nahezu überraschende Entwicklung: Noch im Frühjahr 2020 bremste der erste Lockdown in Deutschland die Spende und Transplantation von Gewebe vorübergehend aus.  

„Corona stellt uns alle vor bisher unbekannte Herausforderungen. Die Konfrontation mit dem Tod schien selten so nah und alltäglich wie in diesen Zeiten. Daher empfinde ich absolute Demut, dass so viele Menschen bzw. ihre Angehörige die Gewebespende trotz globaler Ausnahmesituation wahrnehmen und in 2020 einer Spende zugestimmt haben“, betont Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG.

Dass das hohe Niveau der Gewebespende gehalten werden konnte, war mit Einsetzen des ersten Lockdowns im Frühjahr nicht zu erwarten. Ende März ging die Spende und Vermittlung von Gewebe um fast 25 Prozent zurück. Abgesagte Operationen, fehlende Kapazitäten in den Kliniken sowie der vorsorgliche Ausschluss von COVID-19-positiven Verstorbenen schränken nach wie vor das Spende- und Transplantationsgeschehen ein. Aufgrund eines elastischen Netzwerkes aus Entnahmekrankenhäusern, Gewebebanken und transplantierenden Einrichtungen und deren gemeinsamer Anstrengung, konnten Patientinnen und Patienten auch in Notfällen mit Gewebe versorgt werden.

Gewebe nach dem Tod spenden: Zu selten Thema in Familien

Die im Zuge der Pandemie zu beobachtende Sensibilisierung der Bevölkerung für Gesundheitsthemen spiegelt sich auch in der gestiegenen Zustimmungsrate von nahezu 41 Prozent wider. Dennoch wird dem Thema Gewebespende gesamtgesellschaftlich weiterhin zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Folge: Noch immer warten tausende Menschen auf ein Transplantat.

Der Schlüssel liegt in der Kommunikation und Aufklärung. Ergebnisoffen informieren die 50 Koordinatorinnen und Koordinatoren der DGFG Angehörige bei einem Sterbefall über die Möglichkeit der Gewebespende. Fast 7.500 solcher Gespräche führten sie im vergangenen Jahr; 3.046 Mal wurde einer Gewebespende zugestimmt. Haben Verstorbene zu Lebzeiten keine Entscheidung für oder gegen die Gewebespende getroffen, entscheiden die Angehörigen in ihrem Sinne. In 2020 war dies in mehr als zwei Drittel der Gespräche der Fall. Für viele eine zusätzliche Belastung in ihrer Zeit des Trauerns.

Der Tod und was danach mit dem Körper geschehen soll, ist in vielen Familien nach wie vor ein Tabu-Thema. Diese Berührungsängste versuchen die Koordinatorinnen und Koordinatoren den Angehörigen zu nehmen. Börgel appelliert: „Scheuen Sie sich nicht vor dem Thema Gewebespende am Essenstisch und teilen Sie Ihre Einstellung Ihren Liebsten mit“. Der Wille kann schriftlich im Organ- und Gewebespendeausweis oder in der Patientenverfügung festgehalten werden.

Mehr Menschen erhalten dringend benötigtes Transplantat aus der Gewebespende