Wund(er)heilung mit Amnion

Bei Verbrennungen, chronischen Wunden oder großflächigen Verletzungen der Haut nach einem Unfall: Die Behandlung mit Amion hat sich in der Wundversorgung etabliert. Professor Dr. med. Hans-Oliver Rennekampff ist Spezialist auf dem Gebiet der Rekonstruktion, Defektdeckung und Wundbehandlung der menschlichen Haut und behandelt seine Patientinnen und Patienten mit dem „Wundpflaster“ aus Amnion – mit Erfolg.

Wie sind Sie auf die Behandlungsmethode mit Amnion gestoßen?

Die Behandlung von Wunden mit Amnion ist nicht neu: Insbesondere in der Verbrennungsmedizin findet diese seit Jahrzehnten Anwendung, gestützt durch eine breite und wissenschaftlich fundierte Daten- und Informationslage [1]. Es ist bekannt, dass Wunden, die prinzipiell heilen können, mithilfe der Auflage von Amnion in diesem Prozess beschleunigt werden. Häufige Verbandswechsel können aufgrund der längeren Auflagezeit vermieden werden. Das steigert die Behandlungsqualität. Gerade bei brandverletzten Kindern konnten so schon sehr gute Ergebnisse erzielt werden.

Auch in Schwellen- und Entwicklungsländern findet Amnion in der Wundpflege längst Anwendung, denn dort fehlt zumeist der Zugang zu anderen teuren Wundauflagen [Anm. d. Red.: bspw. feuchte Wundauflagen] [2]. Hierzulande lag der Fokus bis dato im Wesentlichen auf der Verbrennungsmedizin, der Einsatz bei chronischen Wunden ist noch recht jung. [3]

Professor Dr. med. Hans-Oliver Rennekampff leitet seit 2018 die Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie am Rhein-Maas Klinikum Würselen. Foto: Rhein-Maas Klinikum Würselen

Professor Dr. med. Hans-Oliver Rennekampff leitet seit 2018 die Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie am Rhein-Maas Klinikum Würselen. Foto: Rhein-Maas Klinikum Würselen

Die Amnionmembran unter mikroskopischer Vergrößerung: Die humane Amnionmembran ist die dünne, gefäßlose, innere Eihaut der mütterlichen Plazenta und besteht aus einer Epithelschicht, Basalmembran und Stroma. Als Teil der Fruchtblase umhüllt sie während der Schwangerschaft den Embryo im Mutterleib. Die Amionspende erfolgt im Rahmen einer geplanten Kaiserschnittgeburt.  Der Membran werden wundheilende und schmerzlindernde Eigenschaften zugeschrieben.

Inwiefern kommt Amnion in Ihrer aktuellen Tätigkeit, u. a. in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie, zum Einsatz?

Im Zuge des Wechsels an das Rhein-Maas Klinikum Würselen hat sich mein Tätigkeitsschwerpunkt auf die Behandlung chronischer Wunden verlagert. Tatsächlich haben wir eine große Klientel an Patienten mit chronischen Wunden. Ein breites und vielfältiges Fachgebiet: diabetische Wunden, Wunden bei chronisch venöser Insuffizienz oder arteriellen Durchblutungsstörungen oder das chronische Druckgeschwür, auch Dekubitus genannt. Sie unterscheiden sich zwar in ihrem Erscheinungsbild, haben jedoch das Problem der zeitlich inadäquaten Heilung gemein.

Das erfordert eine individuelle Wundtherapie und -strategie, denn nicht immer ist die Chirurgie das geeignetste Mittel. Viele dieser Wunden können eben auch ohne operativen Eingriff bei einer angemessenen Wundtherapie zur Ausheilung gebracht werden. Hierfür muss man wissen: Chronische Wunden heilen sehr langsam und Fortschritte finden manchmal gar nicht statt. Trotz sorgfältigem Therapiekonzept kann dann auch nach mehreren Wochen eine entscheidende Verbesserung ausbleiben. Das ist der Moment, in dem man die Strategie hinterfragen muss.