Patientengeschichte zum Keratokonus: „Meine subjektive Wahrnehmung ist viel besser.“
Kristina Kiesel litt an Keratokonus, einer Vorwölbung der Augenaugenhornhaut. Heute kann die Endzwanzigerin dank der Transplantation zweier Spenderaugenhornhäute wieder sehen und freut sich auf eine neue berufliche Zukunft.
Kristina Kiesel ist heute 27 Jahr jung und in Hannover zu Hause. Wie das öffentliche Geschehen im Corona-Lockdown, verläuft auch Kristinas Alltag derzeit langsamer. Denn noch erholen sich ihre Augen von den Augenhornhauttransplantationen, die im September und Oktober im vergangenen Jahr notwendig waren.
Seit sie 21 Jahre alt ist, weiß Kristina, dass sie auf beiden Augen an Keratokonus leidet. Der Keratokonus ist eine zunehmende, kegelförmige Wölbung der Augenhornhaut. Ein beginnender Keratokonus macht sich mit Kurzsichtigkeit und Lichtempfindlichkeit bemerkbar. Später sehen Betroffene Schlieren, Doppelbilder und Lichtringe. Die Krankheit tritt mit einer Häufigkeit von 1:2000 verhältnismäßig selten auf und betrifft vor allem junge Menschen.
So bemerkte Kristina ihren Keratokonus mit dem Eintritt ins Berufsleben. Im Büro tätig, arbeitete sie Vollzeit am Computerbildschirm. Als sie den Bildschirm immer näher an sich heranholen musste, suchte sie eine Augenärztin auf. In den folgenden Jahren wurde gegen die fortschreitende Seheinschränkung mit Sehhilfen gegengesteuert: Zunächst erhielt Kristina weiche Linsen, mit etwa 24 Jahren wurden die Speziallinsen härter.
„Irgendwann schmerzten meine Augen, sodass ich bereits auf dem Nachhauseweg aus dem Büro die Linsen rausnehmen musste. Ich konnte dann jedoch nicht mehr klar sehen“, berichtet Kristina.
Cross Linking – (k)eine Chance für Kristina?
Die Augenärztin verwies Kristina an die Augenklinik des St.-Johannes-Hospitals in Dortmund. Dort hat man langjährige Erfahrungen mit einer Therapieform des Keratokonus, dem Cross-Linking. Das Klinikum schreibt dazu in einer Informationsbroschüre:
„Seit gut 20 Jahren hat sich die Quervernetzung der Hornhaut, das sogenannte korneale kollagene Crosslinking, als hochwirksame Therapie etabliert, um eine Hornhautverkrümmung bei einem vorliegenden Keratokonus und ähnlichen fortschreitenden Hornhauterkrankungen zu stoppen. Diese Behandlung empfehlen wir allen Patienten mit fortschreitendem Keratokonus und vor allem Kindern und Jugendlichen, bei denen das Krankheitsgeschehen in den meisten Fällen schnell voranschreitet. Eine frühzeitige Behandlung ist wichtig, da die bereits bestehende Hornhautvorwölbung nicht rückgängig gemacht werden kann.“
Ultima ratio: Augenhornhauttransplantation
Weil die Wölbung bereits weit fortgeschritten und das Tragen von Linsen nur noch eingeschränkt möglich war, kam für sie nur noch eine Transplantation in Frage: „Ohne Linsen konnte ich nichts mehr lesen. Weder am Smartphone, noch am Computer. Doch weil ich die Linsen auf Grund der Schmerzen immer früher rausnehmen musste, litt auch meine Arbeitsfähigkeit stark“. Trotzdem war die junge Frau zunächst schockiert über die Behandlungsempfehlung. Denn:
Eine Hornhauttransplantation ist immer die letztmögliche Behandlung, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Das liegt auch daran, dass ein Augenhornhauttransplantat von verstorbenen Spender:innen stammt.
Nur vier Wochen nachdem Professor Doktor Markus Kohlhaas, Leiter der Augenheilkunde am St.-Johannes-Hospital und behandelnder Chirurg, Kristina für ein Transplantat bei der DGFG angemeldet hatte, war eine Spenderhornhaut verfügbar. Im September 2020 wurde diese erfolgreich eingesetzt. Nach drei Tagen des stationären Aufenthalts, konnte Kristina nach Hause nach Hannover. Die Augenhornhaut des rechten Auges sollte vier bis fünf Monate später mit einem Transplantat ersetzt werden. Bis die Sehfähigkeit auf dem bereits operierten Auge wiederhergestellt würde, sollte rechts weiterhin eine Linse getragen werden.
Plötzlich: Notfalltransplantation wegen Infektion
Doch dann kam alles anders: Schnell waren die Schmerzen beim Tragen der Linse auf dem nicht transplantierten Auge unerträglich. Bei einer Untersuchung in der Dortmunder Augenklinik wurde eine Infektion mit verschiedenen Erregern festgestellt. Sowohl ein Pilz, als auch Akanthamöben ließen sich nachweisen. Nachdem die Infektion trotz intensiver Tropftherapie fortschritt, wurde Kristina im Oktober erneut stationär aufgenommen und erhielt auch auf dem rechten Auge in einer Notfalltransplantation eine Spenderhornhaut.
Um eine Heilung des durch die Infektion stark angegriffenen, vorderen Augenabschnitts zu unterstützen, nähte Professor Kohlhaas eine Amnionmembran über die eingepflanzte Hornhaut ein.