Vorgestellt: Transplantationsbeauftragte und die Gewebespende

Hinter der Gewebespende stehen viele Kräfte. In Spendekliniken sind das neben Gewebespendekoordinatorinnen und -koordinatoren und Klinikpersonal auch die Transplantationsbeauftragen. Sie sind wichtige Partnerinnen und Partner der Gewebespende.

In Deutschland gibt es rund 1.250 Krankenhäuser, die nach ihrer räumlichen und personellen Ausstattung in der Lage sind, Organentnahmen zu ermöglichen. Jedes dieser sogenannten Entnahmekrankenhäuser ist gesetzlich verpflichtet, Transplantationsbeauftragte (TxB) zu benennen. Die Ärztinnnen und Ärzte oder Pflegenden brauchen für diese Aufgabe eine entsprechende fachliche Qualifikation, denn sie sind in den Kliniken die wichtigsten Ansprechpartnerinnen und -partner für die Koordinierenden der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Transplantationsbeauftragte haben für ihr Krankenhaus eine zentrale Schlüsselfunktion in der Organspende.

Doch auch für die Gewebespende sind Transplantationsbeauftragte wichtige Partnerinnen und Partner.

  • Bei einer Gewebespende im Rahmen von Organspenden: In diesem Fall führen nicht die DGFG Koordinatorinnen und Koordinatoren das Gespräch mit den Angehörigen, sondern die Transplantationsbeauftragten und Koordinierenden der DSO. Sie informieren über die Möglichkeiten der Organ- aber auch der Gewebespende. Damit sind die Transplantationsbeauftragten insbesondere für die Spende kardio-vaskulärer Gewebe von größter Bedeutung. Denn Herzklappen und Blutgefäße stammen zum Großteil aus der Organspende.
  • Bei der Aufklärung zur Gewebespende: Als Expertinnen und Experten in Dingen Organ- und Gewebespende sind sie die erste Anlaufstelle für Fragen zur Spende und tragen einen wichtigen Teil zur Aufklärung und Information von ärztlichem und pflegerischen Personal, sowie der Patientenschaft bei.

In einigen Kooperationskliniken im DGFG Netzwerk führen die Transplantationsbeauftragten außerdem auch dann das Gespräch mit den Angehörigen, wenn eine Spende nach dem Herz-Kreislauf-Tod stattfindet.

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Festlegen von Zuständigkeiten und Handlungsabläufe zur Erfüllung des Transplantationsgesetzes im Klinikum

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Begleiten von Spenderinnen und Spendern und Angehörigen

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Information des Klinikpersonals zur Organ- und Gewebespende

Doktor Frank Logemann ist Anästhesist und Oberarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Neben seiner regulären Tätigkeit übernimmt er auch Aufgaben als Transplantationsbeauftragter und ist damit wichtiger Ansprechpartner für die DGFG Koordinatorinnen an der MHH. Als Vorstandsvorsitzender des Netzwerk der Transplantationsbeauftragten Region Nord e.V. spricht Frank Logemann außerdem für die Belange von Transplantationsbeauftragten im Norden Deutschlands und darüber hinaus.

Herr Logemann, Sie sind selbst TxB an der Medizinischen Hochschule Hannover. Die MHH ist einer von 31 Standorten von denen aus die DGFG Koordinator*innen die Gewebespende realisieren. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Berührungspunkte zur DGFG gibt es, wenn eine Hirnfunktionsdiagnostik abgeschlossen ist und ein Organspendewunsch realisiert werden soll. Der Anruf bei der DGFG erfolgt oft sowohl von uns Transplantationsbeauftragten als auch von der DSO-Koordination, um eine rasche Einbindung der DGFG zu erreichen. Tritt mal eine Kommunikationshürde auf, können wir durch die telefonische Kontaktaufnahme auf kurzem Weg immer hervorragende Lösungen finden. Eine wichtige Rolle dabei spielt natürlich, dass Sonja Tietz [Anm. der Redaktion: Ärztliche Regionalleitung für Niedersachsen und weitere Bundesländer] in unserem Team seit Jahr(zehnt)en persönlich bekannt ist.

Welche Rolle spielt die Gewebespende für die Tätigkeit von TxBs nach Ihrer Einschätzung?

Die Gewebespende sollte in meinen Augen eine noch größere Rolle spielen als aktuell. Leider liegen allerdings für einige Gewebeentnahmen auch (noch) keine ausreichenden flächendeckenden Versorgungswege vor.

Bisweilen geraten wir in Unsicherheit, welche Gewebeentnahmen wir den Angehörigen gegenüber kommunizieren können und sollen. Wir möchten die Angehörigen in der angespannten Situation natürlich so wenig wie möglich zusätzlichem Stress aussetzen. Paradox ist, dass wir auf der einen Seite über neue spannende Gewebeprogramme (z.B. Knie an der MHH) verfügen, aber dennoch im klinischen Alltag oft „nur“ von der Organentnahme geredet wird.

Gemeint ist natürlich immer die kombinierte Gewebe- und Organentnahme, aber gesprochen wird dann eben doch oft „nur“ über die Organentnahme.

Dabei muss ich mir ab und zu leider auch an die eigene Nase fassen. Allerdings haben wir das unter uns TxB kommuniziert und wir arbeiten auf den Stationen, bei Fortbildungen und in der Öffentlichkeitsarbeit stark daran, eine Besserung zu erreichen.

Was würden Sie sich hinsichtlich der Gewebespende  wünschen?

Hilfreich wäre es sicherlich, wenn die Öffentlichkeit noch umfassender über die Möglichkeiten der Gewebespende aufgeklärt werden könnte.

Der „große Bruder“ Organspende verbaut da, glaube ich, einige Optionen für den Zugang zu dem Thema.

Natürlich ist es auch schwieriger, bundesweit die Aufmerksamkeit zu bekommen wie bei der Organspende, weil die einheitlichen Strukturen nicht in dem Maße existieren. Aber dadurch, dass auch die DGFG nun direkte Ansprechpartnerinnen und -partner in den Kliniken hat, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis das Defizit aufgeholt wird.

Das Netzwerk der Transplantationsbeauftragten Region Nord e.V. kann in Dingen Aufklärung und Bewusstsein sicher viel beschleunigen. Im Dezember hat sich das bereits seit 2014 bestehende Netzwerk als Verein formiert. Wie lauten die Ziele des Netzwerks?

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Mitglieder zählt das Netzwerk der Transplantationsbeauftragten Region Nord e.V.

Befragungen innerhalb unseres Netzwerks zeigten, dass sich die TxB leider sehr oft in einer „Einzelkämpferposition“ innerhalb ihrer Kliniken befinden. Als besonders eklatant werden die Defizite beim Erfahrungsaustausch und bei Hilfestellung auf Augenhöhe empfunden, sodass ein Zusammenschluss der Transplantationsbeauftragten als sehr wertvoll betrachtet wird. Von offiziellen Stellen besteht zudem keinerlei regionale oder überregionale Organisation, die sich um die Belange der TxB bemüht.

Neben den unzähligen Hilfestellungen untereinander, sowohl im täglichen Umgang mit potenziellen Organspendern als auch bei der Aus- und Fortbildung, profitieren unsere Mitglieder von einem selbst konzipierten Qualitätsmanagementverfahren (Anm. der Redaktion: Peer-Review) und dem „Handbuch Organspende“. Außerdem werden regelmäßig Newsletter erstellt, die dazu beitragen, dass neue Entwicklungen nicht verpasst werden.

Nicht zuletzt trägt das Netzwerk entscheidend dazu bei, dass in Bezug auf Organspende Barrieren zwischen den Kliniken abgebaut wurden.

Ziele des

  • Kooperation

    Erfahrungs- und Meinungsaustausch

  • Information

    Hilfestellung & Ausbildung

  • Qualitätssicherung

    Peer Review Verfahren

  • Repräsentation

    Zentraler Ansprechpartner

Welches sind wichtige nächste Schritte?

Wichtig für das Netzwerk an sich ist es, noch bekannter zu werden und noch mehr TxB dazu zu bewegen, aus Interesse heraus gemeinsam mit anderen TxB zusammen zu arbeiten.

Auf diese Weise können wir viel von dem, was der „Gemeinsame Initiativplan Organspende“ des BMG aufgestellt hat, tatsächlich auch bis ans Patientenbett bringen.

Das ist zum einen natürlich die kompetente Umsetzung der Hirnfunktionsdiagnostik und der Angehörigenbetreuung, aber besonders auch die Sicherstellung von Qualität bei der Organspende mit unserem Peer review-Verfahren. Außerdem hoffen wir, dass wir uns auch mit anderen Instanzen zu dem Thema einbringen können.