Rückblick: »Gewebespende erleben« Open Air in Hannover

Größtes Aufklärungsprojekt zur Gewebespende und viele Besucher*innen beim »Gewebespende erleben« Open Air im Juni

Was ist die Gewebespende? Wie kann man sie erlebbar machen? Und was muss geschehen, damit zukünftig die Patient*innenversorgung mit Gewebetransplantaten noch besser wird?

Diesen Fragen widmete sich eine Outdoor-Ausstellung, die vom 30. Mai bis zum 13. Juni auf dem Hannah-Arendt-Platz in Hannover stattfand. Wie die Gewebespende noch stärker gefördert werden kann, wurde am 02. Juni beim »Gewebespende erleben« Open Air in Bühnengesprächen mit der Moderatorin Dr. Carola Holzner (Doc Caro) und bei einer Pressekonferenz u.a. mit der niedersächsischen Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, Daniela Behrens, diskutiert. Das Resultat: Die Gewebespende wurde nicht nur Stadtgespräch. Auch über die hannöversche Stadtgrenze hinaus ist die Notwendigkeit der altruistischen Gewebespende nun auf dem Radar von Medien und Influencer*innen.

Die bereits mit dem German Design Award und Silbernen Nagel des Art Directors Club ausgezeichnete Fotografieausstellung »Gew ebespende erleben« wurde vom 30.05. bis 13.06. auf dem Hannah-Arendt-Platz erstmalig einem großen Publikum zugänglich gemacht. Eine öffentlichkeitswirksame Ausstellung war wegen der Corona-Pandemie zuvor nicht möglich gewesen. Die Fotografien aus dem gleichnamigen Gemeinschaftsprojekt mit der Hochschule Hannover wurden bis dahin ausschließlich in Kliniken als Posterausstellung gezeigt.

An einem Baugerüst waren die auf Banner gedruckten Motive befestigt. Die Ausstellung im öffentlichen Raum war kosten- und barrierefrei. Ergänzt wurden die Fotografien mit informativen Begleittexten und Grafiken zur Gewebespende sowie Meilensteinen der Gewebemedizin in Deutschland. »Gewebespende erleben« ist das bislang größte Aufklärungsprojekt zur Gewebespende in Deutschland.

25 Jahre Gewebespende, 15 Jahre DGFG

In diesem Jahr begeht die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) aus Hannover ihr 15-jähriges Jubiläum. Seit 2007 konnte die DGFG mit den knapp 30.000 Gewebespenden fast 60.000 Patient*innen mit Gewebe wie Augenhornhäuten, Herzklappen und Blutgefäßen versorgen. Zudem feiern wir 25 Jahre Gewebespende in Deutschland. Denn von 1997 bis 2007 realisierte die Vorgängergesellschaft der DGFG, die DSO-G als Tochtergesellschaft der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Gewebespenden in Deutschland.

Diese beiden bedeutenden Jubiläen wurde im Rahmen der Ausstellung sowie am 02. Juni beim »Gewebespende erleben« Open Air gefeiert. Dr. Carola Holzner, auch bekannt als Doc Caro aus Social Media und TV, modierte die Bühnengespräche mit Protagonist*innen der Fotografieausstellung, Ärzte*innen, Partner*innen aus der Gewebemedizin und Gesundheitsbranche sowie Politiker*innen. Geprägt war der Abend von wichtigen Impulsen, einem wertvollen Erfahrungsaustausch und Einblicken in die Prozesse der Gewebespende. Mit einem Grußwort von Thomas Klapproth, stellvertretender Bürgermeister, signalisierte auch die Stadt Hannover die Wichtigkeit der Gewebespende. Sommerliche Atmosphäre unter freiem Himmel, musikalische Begleitung und genussvolle Verköstigung luden auch viele Passant*innen an diesem Abend ein, sich zur Gewebespende zu informieren.

Ministerium, Ärztekammer Niedersachsen und MHH unterstützen die Gewebespende

Eine Pressekonferenz am Morgen nahm die Zukunft und die Herausforderungen für die Gewebespende in den Fokus: Neben Martin Börgel, DGFG-Geschäftsführer, nahmen auch die niedersächsische Sozial- und Gesundheitsministerin Daniela Behrens, die Vizepräsidentin der Ärztekammer Niedersachsen Doktor Marion Charlotte Renneberg und der Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover Professor Michael P. Manns teil. Sie sprachen sich für die Gewebespende aus und diskutierten das neue Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende und das kommende Online-Register. Die einhellige Feststellung: Gewebespende ist noch immer ein blinder Fleck in Politik und Gesellschaft. Zahlreiche Fach- und Tagesmedien griffen die Thematik in der Folge auf, etwa Fernsehformate von NDR (Hallo Niedersachsen vom 04.06.), Sat.1, RTL Nord und h1, sowie HAZ und Neue Presse. Auch das Deutsche Ärzteblatt und die Ärzte Zeitung berichteten über die Kritik am geplanten Online-Register.

„Der DGFG ist es in den letzten 15 Jahren gelungen, die Gewebespende erfolgreich auszubauen und die Patientenversorgung zu verbessern. Etwa die Hälfte aller Hornhaut-, Herzklappen- und Amniontransplantate werden von Hannover aus in Zentren in ganz Deutschland vermittelt. In Deutschland gilt – sowohl für die Organ- als auch für die Gewebespende – die Entscheidungslösung. Eine Gewebespende nach dem Tod ist nur möglich, wenn eine schriftliche oder mündliche Zustimmung der Spenderinnen oder des Spenders vorliegt oder die Angehörigen eine Entscheidung im Sinne der Verstorbenen treffen. Es bedarf stetiger Aufklärung. Ein Projekt wie »Gewebespende erleben« trägt öffentlichkeitswirksam dazu bei. Nutzen Sie die Chance, vorbeizukommen, sich zu informieren und eine Entscheidung zu treffen. Damit entlasten sie schließlich ihre Familie, die im Spendenfall nach ihrem Willen gefragt wird“

Daniela BehrensNiedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Blick nach vorne: Intensivierung der Spende von Herzklappen & Blutgefäßen nach dem Herz-Kreislauf-Tod

Regelmäßige Schulungen der Gewebespende-Koordinator*innen sowie der Austausch mit Gewebespende-Einrichtungen anderer Länder gehören zum jährlichen Weiterbildungs- und Entwicklungsprogramm der DGFG. So fanden sich auch am 02. und 03. Juni Koordinierende und Ärzt*innen von 30 Standorten deutschlandweit in Hannover zusammen, um Neues zu Entnahmetechniken von kardio-vaskulären und muskuloskelletalen Geweben zu lernen.

Internationale Expert*innen aus Spanien, Italien und den USA waren zu Gast und teilten ihre Erfahrungen zur Gewebespende. Besonderer Fokus lag auf der Spende von Herzklappen und Blutgefäßen. Denn diese Gewebe stammen derzeit noch zum Großteil aus der Organspende (Anm.: Herzklappen werden nur dann entnommen, wenn sich das Herz als Organ als nicht mehr transplantabel herausstellt). Weil die Spendezahlen in der Organspende seit Jahren stagnieren oder sogar rückläufig sind, baut die DGFG seit 2018 ein Spendeprogramm nach dem Herz-Kreislauf-Stillstand auf. Viele Kliniken unterstützen diese Form der Gewebespende, bei der kardiovaskuläre Gewebe noch bis zu 36 Stunden nach dem Herz-Kreislauf-Tod entnommen werden können, bereits. Die Hirntod-Diagnostik spielt dann keine Rolle. Jedoch erfordert diese Spende – anders als die Augenhornhautspende, die als sehr kleiner und kurzer chirurgischer Eingriff auch in Pathologie oder beim Bestatter durchgeführt werden kann – eine umfangreichere Organisation, anatomische Kenntnis und chirurgische Fertigkeit. Diese erlangen die DGFG Mitarbeitenden in ebensolchen Trainingsprogrammen und in Hospitationen von und bei Expert*innen.

Die DGFG refinanziert sich über die Erstattungssätze der zur Transplantation vermittelten Gewebetransplantate. Diese Erstattungssätze decken ausschließlich die angefallenen Kosten für die Gewebespende in den Krankenhäusern, die Verarbeitung zum Transplantat in den Gewebebanken sowie den Aufwand der Vermittlung. Die DGFG erhält weder laufende Zuschüsse von Krankenkassen noch von öffentlicher Seite, z. B. für die Öffentlichkeitsarbeit oder für Forschungsprojekte zur Transplantatverbesserung. Daher ist die DGFG in ihrer Aufklärungsarbeit und insbesondere bei einem Projekt, wie der Outdoor-Ausstellung von »Gewebespende erleben« auf Unterstützung in Form von Spenden, Sponsoring und Fördermitteln angewiesen.

Stiftungsförderung und Spenden ermöglichen Aufklärung

Ein großer Dank gilt der VHV Stiftung, die die zweiwöchige Ausstellung förderte und bei der Finanzierung von Produktion und Installation der Ausstellungsflächen unterstützte.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die AOK Niedersachsen leisteten ebenfalls Unterstützung. Sie sind wichtige Partnerinnen bei der Förderung der Gewebespende in Deutschland. So stellt die BZgA sowohl zur Organ- als auch zur Gewebespende zahlreiche Informationsmaterialien zur Verfügung. Mit dem von der Zentrale kostenfrei gestellten Organ- und Gewebespendeausweis können Menschen ihre Entscheidung zur Spende dokumentieren. Auch viele Krankenkassen klären zur Gewebespende auf.

Gewebespende-erleben-Open-Air-VHV-Stiftung

Doris Lungenstraß, Unternehmensbereichsleiterin Marketing bei der AOK Niedersachsen:

„Es gibt viele Aspekte, die die Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende beeinflussen. Die AOK unterstützt ihre Versicherten mit einem umfangreichen Informationsangebot und klärt über ethische, moralische und rechtliche Fragen auf. Unter www.aok.de/organspende ist eine Entscheidungshilfe mit Fakten zur Organ- und Gewebespende abrufbar. Es ist wichtig, sich im Familien- und Freundeskreis mit dieser Thematik zu befassen. Ein konkretes Ja oder Nein zur Organ– und Gewebespende kann im Ernstfall die Angehörigen entlasten und erleichtert den Ärzten das weitere Vorgehen.

Über die Kosten muss man sich indes keine Gedanken machen: Die gesetzliche Krankenversicherung des Empfängers von Organen, Geweben oder Blutstammzellen ist für die Übernahme zuständig. Dazu gehören zum Beispiel Leistungen der ambulanten und stationären Krankenbehandlung, medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, medizinische Rehabilitation sowie Krankengeld.“

Mit der Hannoverschen Volksbank und der Üstra engagierten sich auch lokale Unternehmen bei der Realisierung des »Gewebespende erleben« Open-Airs am 02. Juni.

Gewebespende fördern

Die Fotografieausstellung »Gewebespende erleben« Open Air ist ein Aufklärungsprojekt der DGFG zur Gewebespende, das mithilfe von Spendengeldern, Sponsoring und Fördermitteln finanziert wird. Sie wollen das Aufklärungsprojekt ebenfalls mit einer Spende finanziell unterstützen? Dann freuen wir uns über eine Überweisung auf unser Spendenkonto. Herzlichen Dank.

IBAN: DE86 2512 0510 0001 5630 15
BIC: BFSWDE33HAN
Bank für Sozialwirtschaft

Bitte den Verwendungszweck »Gewebespende erleben« angeben. Tipp: Über unser Online-Spendenformular können Sie uns noch einfacher unterstützen und ganz bequem ein Projekt auswählen, das Ihnen am Herzen liegt.

Mehr erfahren

Die Ausstellung steht weiterhin als Poster-Set für die öffentliche Aufklärungs- und Bildungsarbeit zur Verfügung. Kliniken, Schulen, öffentliche Einrichtungen, Gesundheitsämter und viele weitere sind herzlich dazu eingeladen, »Gewebespende erleben« ihren Besucherinnen und Besuchern zu zeigen. Begleitend kann auch die gleichnamige Zeitung zur Verfügung gestellt werden. Diese können ausliegen und von Interessierten kostenfrei mitgenommen werden.