Erste Hornhautspenden im Klinikum Oldenburg

Hannover, Oldenburg 12.06.2018 – Kooperation in der Gewebespende läuft gut an: Die Koordinatorin der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) Dr. rer. nat. Nicole Seggewiß konnte die ersten Augenhornhautspenden im Klinikum Oldenburg durchführen. Damit trägt es zur Verbesserung der Patientenversorgung mit Augenhornhauttransplantaten in Deutschland bei und hilft, Menschen ihr Augenlicht zurückzugeben.

Erst Anfang des Jahres ist die Kooperation mit der DGFG in der Gewebespende gestartet. Seit März ist Dr. Nicole Seggewiß im Klinikum Oldenburg vor Ort und kann von dort aus direkt Gewebespenden realisieren. „Gewebespende ist Gemeinschaftsaufgabe und geht jeden etwas an“, betont Klinikvorstand Dr. Dirk Tenzer. Um Gewebespenden realisieren zu können, ist die gemeinnützige DGFG auf die enge Kooperation mit den Kliniken angewiesen. „Ohne Spendermeldungen gibt es keine Gewebespende. Unser bundesweites Netzwerk basiert auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Wir freuen uns, dass das Klinikum Oldenburg als Teil der European Medical School Oldenburg-Groningen mit seinem Engagement ein klares Zeichen für die Gewebespende setzt“, hält DGFG-Geschäftsführer Martin Börgel fest.

Gewebespende: Wie läuft das eigentlich ab?

Das Zeitfenster einer Augenhornhautspende beträgt ab Todeseintritt 72 Stunden. In dieser Zeit muss Koordinatorin Dr. Nicole Seggewiß die komplette Spenderhistorie auf medizinische Kontraindikationen überprüfen. Dazu nimmt sie auch Kontakt zu den jeweiligen Ärzten auf. Liegen keine Ausschlussgründe wie z. B. übertragbare Krankheiten vor, kontaktiert Dr. Seggewiß die Angehörigen des Verstorbenen und informiert sie über die Möglichkeit der Gewebespende, in diesem Falle der Augenhornhautspende: „Für die Angehörigen ist es in dieser schwierigen Situation eine große Hilfe, wenn das Thema Organ- und Gewebespende bereits zu Lebzeiten im Kreise der Familie besprochen wurde. Liegt keine Entscheidung des Verstorbenen zur Gewebespende vor, können die Angehörigen anhand des mutmaßlichen Willens eine Entscheidung für oder gegen eine Gewebespende treffen. Wichtig ist, dass sie in dieser Zeit für sich eine Entscheidung finden, mit der sie auch noch Jahre später sehr gut leben können.“ Das abschließende Gespräch mit den Angehörigen führt ein Arzt von der DGFG. Hier können noch letzte Fragen geklärt werden.

Augenhornhautspende ist keine Störung im Trauerprozess

Die Gewebespende findet meistens am zweiten Tag nach dem Versterben statt. Die Entnahme ist dank der prothetischen Versorgung äußerlich nicht erkennbar. Die Angehörigen können sich in Würde von ihrem verstorbenen Familienmitglied verabschieden. „Nach der Entnahme kümmere ich mich um den Versand der Spende in eine Gewebebank im Netzwerk der DGFG. Dort wird das entnommene Gewebe aufbereitet, zu einem Hornhauttransplantat prozessiert. Wenn gewünscht, erhalten die Angehörigen wenige Wochen später einen Brief, in dem ich sie über den Erfolg der Spende informiere“, so Dr. Seggewiß.

DGFG rettet über 3.000 Patienten das Augenlicht

3.135 Patienten erhielten im letzten Jahr ein Hornhauttransplantat von der DGFG. Im Durchschnitt werden pro Jahr rund 6.000 Hornhauttransplantationen in Deutschland durchgeführt. „Mehr als jede zweite Hornhaut kommt von der DGFG. Wir können mittlerweile bei der Hornhauttransplantation die meisten Anfragen innerhalb weniger Wochen erfüllen“, sagt Börgel. Unter den vermittelten Hornhäuten waren 297 ultradünne Hornhautlamellen für eine spezielle Transplantationstechnik, bei der Ärzte nur eine dünne Schicht der Hornhaut ersetzen müssen. Bei dieser OP-Technik erholt sich die Sehfähigkeit der Patienten deutlich schneller. Das Infektionsrisiko sinkt. Die Präparation erfolgt in der Gewebebank Hannover und der Knappschaftsgewebebank Sulzbach.

Fast jeder Verstorbene kann Gewebe spenden

Gewebe, die nach dem Tod gespendet werden können, sind Augenhornhäute, Herzklappen, Blutgefäße, aber auch Knochen und Haut. Aus der Lebendspende kommt die Amnionmembran. Sie ist Teil der mütterlichen Plazenta und kann von einer Mutter nach einer Kaiserschnittgeburt gespendet werden. Die Hirntoddiagnostik spielt bei der Gewebespende keine Rolle. Mehr als neun von zehn Gewebespenden stammen von Menschen, die eines ganz normalen Todes gestorben sind. Auch Krebserkrankungen oder ein hohes Lebensalter sind kein Ausschlussgrund. Gewebespenden sind noch bis zu drei Tage nach Todeseintritt möglich.

Zum Klinikum Oldenburg

Im Klinikum Oldenburg finden sich 25 verschiedene Fachrichtungen, deren räumliche Nähe eine schnelle und umfassende Behandlung gewährleistet. Mit 832 Betten ist es das größte Akutkrankenhaus in der Weser-Ems-Region. Seit 2013 ist es außerdem Medizinischer Campus der Universität Oldenburg. Über 2.800 Mitarbeiter versorgen jährlich über 140.000 Patienten: Frühgeborene bis hin zu hoch betagten Menschen. Viele Fachabteilungen haben sich zu Zentren zusammengeschlossen, um die bestmögliche Behandlung der Patienten sicher zu stellen. Schwerpunkte liegen vor allem in der Behandlung von Krebserkrankungen, Herz- und Gefäßerkrankungen, sowie in der Kinder- und Jugendmedizin.

Zur DGFG

Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft, die seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland fördert. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Versorgungslage in Deutschland durch das Engagement aller Beteiligten deutlich verbessert. 4.726 Patienten konnte die DGFG allein 2017 mit einem Gewebetransplantat versorgen.
Alle Angaben zu den Jahreszahlen 2017 sind vorläufig (Stand 29.12.17).

BU: DGFG-Koordinatorin Dr. rer. nat. Nicole Seggewiß

Kristin Becke, M.A.

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