Wissenswert: Was passiert in einer Augenhornhautbank?

Wie ein Arbeitstag in der Gewebebank Hannover abläuft.

Elf Augenhornhautbanken im Netzwerk der DGFG prozessieren jährlich tausende Gewebespenden und ermöglichen so eine zeitnahe und sichere Versorgung von Patienten mit Gewebetransplantaten in ganz Deutschland. Aber was passiert eigentlich in einer Gewebebank?

Anders als Organe werden Gewebe nicht direkt transplantiert. Augenhornhäute, wie auch Herzklappen, Blutgefäße und weitere Gewebe, werden nach der Entnahme zunächst in einer Gewebebank aufbereitet. Dort werden sie anschließend bis zur Transplantation gelagert.

Im zweiten Stock eines unscheinbaren Gebäudes im Medical Park sorgen Mitarbeiterinnen der Gewebebank Hannover unter Reinraumbedingungen jeden Tag dafür, dass Patienten mit Hornhauttransplantaten versorgt werden können.

  • Die Gewebespenden kommen in der Gewebebank an

    Es klingelt in der Feodor-Lynen-Straße. Frühmorgens übernehmen die Mitarbeiterinnen der Gewebebank Hannover spezielle Transportboxen von einem Kurier. In ihnen befinden sich entnommene Augen, welche sicher in sterilen Plastikröhrchen verschlossen und auf feuchten Kompressen gelagert sind. Die Gewebespenden wurden am Vortag an einem von über 100 Spendekrankenhäusern deutschlandweit entnommen.

     

  • Temperaturkontrolle & Aufnahme der Spenden

    Zunächst wird mit einem elektronischen Thermometer die Temperatur in den Styroporboxen gemessen. Zwischen einem und zehn Grad sollte diese liegen – auf keinen Fall darf die Temperatur unter dem Nullpunkt liegen. Einfrieren würde den Zellen der Hornhaut schaden. Um Keimvermehrung zu verhindern, darf es aber auch nicht zu warm während des Transports sein. Ankunftszeit und Temperatur werden protokoliert.

    Bis zur Bearbeitung der Spenden werden die Spenden in einem Kühlschrank verwahrt. Die Röhrchen, in denen sich die Augen befinden, werden zuvor mit einem Desinfektionstuch abgewischt.

     

  • Einschleusen der Mitarbeiterinnen und Gewebe in den Reinraum

    Bevor die Augenspenden in der Reinraumanlage der Gewebebank Hannover bearbeitet werden, müssen Mitarbeiterinnen und Gewebe drei Material- bzw. Personalschleusen passieren. Das ist ein aufwendiger, rund 20-minütiger Prozess, in dem die Mitarbeiterinnen ihre Kleidung und insgesamt viermal die Schuhe wechseln sowie vielfach die behandschuhten Hände und einzuschleusenden Materialien desinfizieren. Im Reinraum herrscht ein permanenter Überdruck, sodass beim Öffnen der Türen die Luft immer nur nach außen entweichen kann und nicht umgekehrt. Das Ziel dieser und weiterer Maßnahmen: Eine möglichst reine, Partikel und Keim freie Umgebung für die Präparation der Transplantate schaffen.

     

  • Die Präparation & Kultur des Augenhornhauttransplantats

    Die Augenhornhaut ist die vorderste und klare, etwa einen halben Millimeter dicke Schicht des Augapfels. Bevor sie vom Augapfel (Bulbus) abpräpariert wird, wird das gesamte Auge in einer Jodlösung desinfiziert. Nach der anschließenden Spülung mit physiologischer Kochsalzlösung wird der Bulbus auf einer speziellen Halterung fixiert.

    Nun ist Feingefühl erforderlich: Die MTLA setzt ein kreisrundes Messer, einen sogenannten Trepan, an die Hornhaut an. Mit sanftem Druck und kreisförmiger Bewegung führt sie das scharfe Metall durch die Hornhaut. Mit Instrumenten, wie der Federschere und der Irispinzette, wird nachgearbeitet bis die Korneoskleralscheibe abgelöst ist.

    Anschließend wird die Korneoskleralscheibe auf einen sogenannten Hornhauthalter aufgezogene und in einem speziellen Nährmedium gelagert. In einer grellroten, antibiotikahaltigen Flüssigkeit können Augenhornhäute im Brutschrank maximal 34 Tage “überleben”.

     

  • Qualitätskontrollen

    Während der Kultivierung wird die Hornhaut mehreren Qualitätskontrollen unterzogen. Unter dem Mikroskop wird untersucht, ob Narben die Hornhaut prägen und wie dicht und gleichmäßig die Zellen verteilt sind. Eine Hornhaut, die zur Transplantation geeignet ist, sollte mindestens 2.000 Zellen pro Quadratmillimeter haben.

    Neben der optischen Befundung erfolgt auch eine mikrobiologische Testung. Hierfür entnimmt die MTLA nach drei bis sieben Tagen Proben aus der Nährlösung. Anschließend wird das Kulturmedium gewechselt. Die Untersuchung erfolgt in einem dafür zugelassenen mikrobiologischem Labor.

    Mikrobielle Verunreinigungen schließen eine Transplantation ebenso aus, wie Narben oder ein hoher Zellverlust während der Lagerung. Auch ein positiver Befund der Spenderblutproben auf Infektionskrankheiten kann dazu führen, dass die Hornhaut nicht zur Transplantation freigegeben wird. Die Sicherheit des Transplantatempfängers hat höchstes Gebot! Rund 70 Prozent aller Hornhautspenden können so schließlich zur Vermittlung an Patienten freigegeben werden.

     

  • Vermittlung & Abgabe

    Über die Vermittlungsstelle der DGFG in Hannover werden für die in der Gewebebank vorbereiteten und lagernden Präparate Empfänger ermittelt. Bevor eine Hornhaut jedoch zur Transplantation verschickt wird, muss sie entquellen. Dafür wird sie aus der Nährlösung entnommen und in eine spezielle Flüssigkeit überführt. Durch das Entquellen wird die Oberfläche glatt und die Zellen werden deutlich sichtbar. Es erfolgt ein letzter Qualitätscheck bei dem die Zellen erneut gezählt werden. In einem Transportfläschchen und in Styroporbox verpackt wird die Hornhaut per Kurier schließlich an eines von über 120 Transplantationszentren in Deutschland gesendet.